Du bist so schön, so sanft und wirkst, als ob du selbst einem Gemälde der Renaissance entstiegen wärst. Hast deine Schönheit noch lange nicht verloren, wirst sie Dank des dunklen Geschenks auch niemals mehr. So viel Zeit, die seither vergangen ist und du dich dennoch niemals gefragt hast, ob es vielleicht doch nicht die beste Entscheidung war, die du getroffen hast. Du warst jung, keine Frage, als du den gutaussehenden Künstler, den Meister der Worte kennengelernt hast und er dich mühelos um seine Finger wickeln konnte. So viele andere Männer, die dir den Hof machten, so viele andere, die deine Hand begehrten und du hattest nur Augen für ihn und die süßen Worte, die er dir schenkte. Gerade einmal Ende Zwanzig warst du, als du an der Seite des Vampirs die Welt erkunden konntest und die Augen so gut davor verschlossen hast, dass ganz sicherlich etwas nicht gestimmt hat. Aber die Liebe, sie macht blind. Auch das musstest du lernen. So viele Kunstwerke später, die dein Gesicht gezeichnet haben, dich in einem gänzlich anderen Licht eingefangen haben, ehe es eine schwere, unangenehme Krankheit war, die dich in wenigen Stunden verwelken ließ. Die Schönheit einer Blume, die drohte für immer zu vergehen, ehe dich das dunkle Geschenk der Ewigkeit ereilte und du noch für ganze Jahrhunderte an seiner Seite bleiben solltest. Dich und dein neues Dasein kennenlernen konntest.
Von der kindlichen Naivität, die du damals noch an den Tag gelegt hast, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Bist zu einer erwachsenen Frau geworden, die den Platz in einer so schnelllebigen Gesellschaft gefunden hat. Hast so viele Namen im Laufe deines unsterblichen Lebens getragen, dass du manchmal gar nicht mehr weißt, wer du einst warst. Heute nur noch Grace, wirst für deine Grazie und deine unwirkliche Schönheit beneidet. Und es kommt nicht von ungefähr, hast mittlerweile weit mehr Einblick in das Leben deines Erschaffers bekommen, als dass du nicht auch festgestellt hättest, dass es ausschließlich schöne Menschen waren, die jemals in den Genuss seiner Präsenz und seines so verfänglichen Geschenks gekommen sind. Eine Blutlinie, die ganz der Schönheit, dem kleinsten Detail verschrieben ist und du hast gelernt diese Vorzüge für dich selbst zu benutzen. Bist Model und Schauspielerin, hast einen Bekanntheisgrad erreicht, von welchem Andere nur träumen können, während deine vermeintlichen Eigenheiten nur noch als solche abgestempelt werden. Du trägst es ihm nicht nach, bist ihm auf deine ganz eigene Art und Weise dankbar und hast auch, nachdem du dich aus Bukarest verabschiedet hast, immer Kontakt zu deinem Erschaffer und deinen Geschwistern gehalten. Hast eine fast schon müttlerliche Liebe für die Jüngeren unter ihnen entwickelt und teilst noch heute eine tiefe Verbundenheit mit Fedir. Jene, die zuletzt auch dazu führte, dass dein Erschaffer nach seinem, ein Jahrhundert andauernden, Schlaf erst Schutz und ein vorübergehendes Zuhause bei dir gesucht hat, welches du ihm großzügig gewährt hast, nur um ihn mit wachen Augen und einer feinen Note der Besorgnis nach Bukarest zu entlassen.